20110813

Vergangen und immer noch da

Und sag mir, würdest du töten, um ein Leben zu retten?
Würdest du lügen um ehrlich zu sein?
Würdest du deine Flügel ausbreiten, um sie im Flug zu verstecken und zu fallen?
Würdest du hassen, um geliebt zu werden?

Ich stelle mir diese Fragen immerwieder, während ich mir dein Bild anschaue. Ich kenne dich nicht mehr, früher hätte ich die Antworten auf all meine Fragen über dich selber gewusst. Ich löse meinen gebannten Blick von dem Bild, schaue rüber, auf die Uhr. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zum letzten mal draußen war, mich bewegt habe, wie lange ich hier schon sitze. Vielleicht drei oder vier Stunden. Es ist Nacht geworden, mir ist wieder kalt. Und ich sehe wieder die Dunkelheit, die mich schon so lange verfolgt, mit ihr all die Gestalten, die ich versuche zu meiden. Mittlerweile weiß ich selber nicht mehr, ob das nur Fantasie oder wirklich ist. Und wenn es Fantasie ist, wer sagt, dass es nicht wirklich ist? Denn es fühlt sich so verdammt real an. Wenn ich meine Hand ausstrecke, dann spüre ich die kalten Berührengen, das Ziehen und Drängen. Und Gesichter sind da auch, Umrisse, sie sehen so vertraut aus, so schrecklich vertraut, so vertraut und tieftraurig. Ich lasse dein Bild fallen und es zerspringt. Mehrere Splitter fliegen wie in Zeitlupe, weg von dem zerstörten Erinngerungsstück. Und sofort löst sich der kalte Griff, sofort verschwindet die Dunkelheit mitsamt den Gesichtern. Und zum ersten Mal erkenne ich diese Gesichter, jetzt wo sie weg sind.
Alle tragen sie den selben Namen:
'Vergangenheit' .